Grundlagen der internationalen Rentenberechnung

Wenn Sie in verschiedenen europäischen Ländern gearbeitet haben, profitieren Sie von den EU-Sozialversicherungsabkommen. Diese sorgen dafür, dass Ihre Arbeitszeiten aus EU-Ländern bei der deutschen Rentenberechnung berücksichtigt werden können.

Wichtig: Die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme gilt für alle EU-Länder, Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Für die Ukraine gelten seit 2022 besondere Regelungen.

Polen: Arbeitszeiten vollständig anrechenbar

Polen ist seit 2004 EU-Mitglied, weshalb die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme vollständig greift. Das bedeutet:

  • Versicherungszeiten: Alle Beitragszeiten in Polen werden bei der deutschen Wartezeit berücksichtigt
  • Rentenberechnung: Die polnischen Zeiten fließen in die Berechnung der deutschen Rente ein
  • Doppelrente möglich: Sie können sowohl deutsche als auch polnische Rente erhalten
  • Keine Mindestversicherungszeit: Es gibt keine Mindestbeschäftigungsdauer in Polen

Benötigte Unterlagen für polnische Arbeitszeiten:

  • Bestätigung der Versicherungszeiten (Zaświadczenie ZUS)
  • Arbeitszeugnisse oder Arbeitsverträge
  • Lohnabrechnungen (soweit vorhanden)
  • Personalausweis oder Pass aus der Arbeitszeit

Ukraine: Besondere Regelungen seit 2022

Die Ukraine ist kein EU-Mitglied, jedoch gibt es ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland, das 2006 in Kraft trat. Seit dem Beginn des Krieges 2022 gelten vereinfachte Verfahren:

Vorteile für ukrainische Arbeitszeiten:

  • Anerkennung der Zeiten: Ukrainische Versicherungszeiten werden anerkannt
  • Mindestversicherungszeit: Nur 12 Monate Mindestversicherungszeit in der Ukraine erforderlich
  • Vereinfachtes Verfahren: Weniger bürokratische Hürden seit 2022
  • Ersatzbescheinigungen: Bei fehlenden Unterlagen werden Ersatzbescheinigungen akzeptiert

Herausforderungen bei ukrainischen Arbeitszeiten:

  • Oft fehlen Originalunterlagen aufgrund des Krieges
  • Sprachbarrieren bei der Übersetzung von Dokumenten
  • Unterschiedliche Berechnungsmethoden in der Ukraine
  • Komplexe Währungsumrechnung für die Rentenhöhe

Achtung: Viele ukrainische Dokumente sind durch den Krieg verloren gegangen. Die Deutsche Rentenversicherung akzeptiert jedoch auch eidesstattliche Versicherungen und Zeugenaussagen.

Praktisches Vorgehen: Schritt für Schritt

Schritt 1: Unterlagen sammeln

Sammeln Sie alle verfügbaren Dokumente zu Ihren Arbeitszeiten im Ausland. Dazu gehören:

  • Arbeitsbücher oder Versicherungsnachweise
  • Lohnabrechnungen und Steuerbescheide
  • Arbeitsverträge und Kündigungsschreiben
  • Rentenbescheide aus dem jeweiligen Land

Schritt 2: Übersetzung und Beglaubigung

Alle Dokumente müssen ins Deutsche übersetzt und beglaubigt werden. Hierfür benötigen Sie:

  • Beglaubigte Übersetzungen durch vereidigte Übersetzer
  • Apostille für ausländische Urkunden
  • Konsularische Beglaubigungen bei Bedarf

Schritt 3: Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung

Stellen Sie den Antrag auf Anerkennung der ausländischen Versicherungszeiten:

  • Formular V100 - Antrag auf Altersrente
  • Formular V120 - Versicherungsverlauf
  • Zusatzformular für ausländische Zeiten

Häufige Probleme und Lösungen

Problem: Fehlende Unterlagen

Lösung: Beantragen Sie Ersatzbescheinigungen bei den ausländischen Rentenversicherungsträgern. Bei ukrainischen Dokumenten akzeptiert die Deutsche Rentenversicherung auch eidesstattliche Erklärungen.

Problem: Niedrige Rente trotz langer Arbeitszeit

Lösung: Lassen Sie Ihren Rentenbescheid prüfen. Oft werden ausländische Zeiten nicht korrekt bewertet oder es fehlen wichtige Angaben.

Problem: Komplizierte Berechnung

Lösung: Die Rentenberechnung bei internationalen Fällen ist komplex. Eine professionelle Beratung kann sich hier schnell auszahlen.

Beispielrechnung: Maria aus Polen

Maria hat 15 Jahre in Polen und 20 Jahre in Deutschland gearbeitet. Ihre Rentenberechnung sieht so aus:

Deutsche Rente:

  • 20 Jahre Deutschland: 20 × 1,0 EP = 20 Entgeltpunkte
  • 15 Jahre Polen: Anrechnung bei Wartezeit, aber separate polnische Rente
  • Deutsche Rente: 20 EP × 39,32 € = 786,40 € monatlich

Zusätzlich polnische Rente:

  • 15 Jahre Polen: ca. 200-400 € monatlich (je nach Verdienst)
  • Gesamtrente: 986,40 - 1.186,40 € monatlich

Tipps für eine erfolgreiche Antragstellung

Früh beginnen

Starten Sie die Sammlung der Unterlagen mindestens 2 Jahre vor Rentenbeginn. Die Beschaffung ausländischer Dokumente dauert oft länger als erwartet.

Vollständige Unterlagen

Auch kleine Lücken können große Auswirkungen haben. Sammeln Sie alle verfügbaren Dokumente und weisen Sie auch kurze Beschäftigungszeiten nach.

Professionelle Hilfe

Bei komplexen Fällen mit mehreren Ländern oder fehlenden Unterlagen ist professionelle Beratung oft unerlässlich.

Fazit

Die Anerkennung ausländischer Arbeitszeiten kann Ihre deutsche Rente erheblich verbessern. Während polnische Zeiten meist problemlos anerkannt werden, erfordern ukrainische Arbeitszeiten oft mehr Aufwand. In beiden Fällen ist eine sorgfältige Vorbereitung und vollständige Dokumentation entscheidend.

Bei komplexen Fällen oder fehlenden Unterlagen empfehlen wir eine professionelle Beratung. Unsere Experten haben bereits hunderten von Menschen dabei geholfen, ihre internationalen Arbeitszeiten erfolgreich geltend zu machen.

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